Aikido und Leberkäs

Hat das eigentlich irgendetwas miteinander zu tun? Leberkäs und Aikido? Im Grunde genommen nicht. Es sei denn, man praktiziert Aikido im Oberland und hat danach Hunger. So recht will es jedoch nicht zusammen passen, denn Leberkäs ist schwer, Aikido eher leicht – auch wenn das kaum jemand glaubt.

Aber wie kommt es denn zu dieser Kombination? Na ja, ich praktiziere seit mehr als 30 Jahren Aikido (Für diejenigen, die es nicht kennen: das ist eine japanische Kampfkunst, die in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts entwickelt wurde.) Vor zwanzig Jahren und nach zwei  Jahren Kunstpause, bin ich im Gespräch mit einer Freundin auf die Idee gekommen, warum nicht Aikido in Holzkirchen anzubieten. Schnell war der Kontakt zum TuS Holzkirchen 1888 e. V. gemacht und zwei Monate später ging es bereits los. Damals war das alles so unglaublich leicht und stimmig. Ich habe offene Türen eingerannt, hatte den Raum und die Zeit bekommen, die ich wollte. Sogar Matten waren vorhanden. Alles bestens.

Die erste Stunde – es war der 30.09.1996 – war überwältigend. 35 Interessierte auf der Matte, die allermeisten davon Neulinge, zwei Helfer, die etwas Aikido-Erfahrung mitbrachten – und ich. Ein tollkühnes Unterfangen, aber ein mehr als geglücktes. Die Aikido-Gruppe des TuS war gegründet und ich habe sie 15 Jahre lang geleitet und jeden Montag, später auch jeden Freitag (bis Andi die Freitagstunde übernahm) Unterricht gegeben.

Aber ich wollte weiter. Mehr in die Tiefe der Aikido-Seele vordringen, nicht mehr nur in die Technik. Den ausgetretenen Pfad verlassen, einem neuen folgend in ein eigenes Dojo. Und so hieß es Abschied nehmen. Doch nicht so ganz. Meine Gruppe – oder muss ich sagen: meine ehemalige Gruppe – hat mich eingeladen, das Training zum 20-jährigen Bestehen der Gruppe zu halten. Mich hat das sehr gefreut. Zumal ich festgestellt habe, dass eigentlich fast alle noch dabei sind. Natürlich sind Leute seit dem hinzu gekommen, aber die Stammmannschaft von früher ist noch da und sehr stabil. Ganz offensichtlich habe ich eine gute Grundlage gelegt.

jubilaeumsstrauss
Blumen zum Jubiläumstraining – 20 Jahre Aikido in Holzkirchen

Als dann der Tag des Jubiläums da war – er fiel genau auf den 30.09.2016 -, war ich schon recht aufgeregt. Fünf Jahre Pause – zwar habe ich hin und wieder mal an einem Lehrgang teilgenommen, auch mal einen Workshop gehalten, aber nichts Regelmäßiges. Aus meinen Dojo-Plänen ist bis dato auch noch nichts geworden. Also was sollte ich den Leuten schon beibringen? Musste ich denn überhaupt jemandem etwas beibringen? Eigentlich nicht. Dazu sind meine Nachfolger da. Ich brauchte nur durch das Training zu führen und dabei Spaß zu haben. Wunderbar!

Dennoch wollte ich mich etwas vorbereiten und so ließ ich morgens die 15 Jahre etwas Revue passieren. Was waren denn meine ganz persönlichen Highlights? Ich fand es sehr erstaunlich, aber es waren eher unspektakuläre Dinge:

  • Der Moment, wenn wir uns morgens in Birach (bei den Lehrgängen mit unserem japanischen Lehrer, Watanabe Sensei) zum Frühtraining ins Dojo aufmachten, wenn aus allen Ecken und Enden Aikidoka herauskamen, ihre letzten Handgriffe beim Anziehen des Hakamas erledigten und den Weg zum Dojo hoch schritten. Das war ein ganz besonderer gemeinschaftlicher Moment, der durchaus etwas Klösterliches an sich hatte. Das hat zwar nichts mit Holzkirchen zu tun, aber für mich war es etwas sehr Wichtiges, was ich an meine Gruppe weiter geben wollte.

 

  • In Holzkirchen, wenn wir einen Lehrgang vorbereitet haben und die Teilnehmer erwartet wurden. Wenn wir ruhig Hand in Hand gearbeitet haben, dabei sogar Zeit für Pannen hatten.

 

  • Wenn sich der Gymnastikraum der Turnhalle in ein Dojo verwandelte und vor Energie knisterte.

 

  • Ein Teilnehmer sagte, „Ich musste in den Raum rein, da war es ganz hell drin.“ (Die Helligkeit hatte nichts mit Lampenlicht zu tun.) Es hat mich tief bewegt.

 

  • Mein geliebtes „Kleines Aikido-Retreat“, das jedes Jahr am 1. , manchmal auch am 2. Advent statt fand. Wenn wir meditiert haben, später zu Aikido übergegangen sind und es draußen neblig und winterlich war. Wir waren auf der Insel der Glückseeligen.

 

  • Wenn wir bei anderen Lehrgängen von draußen Vogelstimmen hörten.

Da ist im Laufe der Zeit etwas ganz Stabiles gewachsen. Natürlich haben wir auch andere Erfolge gehabt: wunderbare Aikido-Lehrer haben uns immer wieder besucht und Workshops und Lehrgänge gehalten. Von zunächst nur einer Wochenstunde konnten wir das Trainingsangebot auf zwei Wochenstunden erweitern, später sogar auf drei. Es hat Prüfungen gegeben, Kyu-Prüfungen und Dan-Prüfungen. Es war gut – und war doch nichts im Vergleich zu den unspektakulären Highlights.

Aber was hat das jetzt mit dem Leberkäs auf sich? Na ja, das Jubiläumstraining war sehr, sehr schön. Ich habe mich in einem allbekannten, hohen und heißgeliebten Energiefeld aufgehalten. Die fünf Jahre Abstinenz waren im Nachhinein wie eine Kunstpause. Und unglaublich wichtig. Andernfalls hätte ich wahrscheinlich genauso weiter gemacht wie zuvor. Das neue, das tiefe Aikido, das ich entdecken wollte, hätte ich wahrscheinlich nicht entdeckt, den unbekannten Pfad nicht betreten. Ich habe in der Zwischenzeit selbst an Substanz gewonnen.

Der Leberkäs! Ach so, ja – ich verplausche mich. Jedenfalls haben wir den 30.9.2016 gebührend gefeiert. Es waren nicht nur meine ehemaligen Schüler auf der Matte, sondern auch viele Aikido-Freunde aus anderen Dojos. Ein wunderbarer Abend voller Freude. Danke Euch allen dafür.

Am nächsten Tag war ich immer noch berauscht von den Ereignissen und ich beschloss, um einem Muskelkater etwas vorzubeugen, auf den Taubenberg zu gehen. Was ich auch in die Tat umgesetzt habe. Ich wollte auch ein paar Fotos machen, was ich jedoch nicht umgesetzt habe. Jedenfalls träumte ich davon, auf dem Taubenberg in dem Biorestaurant in aller Gemütsruhe zu speisen, etwas zu schreiben, vor allem aber den Tag zu genießen – und Aikido-Pläne zu schmieden. Aber dazu kam es nicht wirklich. Auf dem Taubenberg gab es ein Fest, so ein Mittelalterfest und es war die Hölle los. Obwohl bereits der 1. Oktober war. Ich habe mir dennoch im Biergarten einen Platz gesucht und – jetzt ist es soweit – Leberkäs mit Salat bestellt.

Doch die Portion hatte ich definitiv überschätzt. Die reichte locker für zwei, wenn nicht sogar drei. Mein Teller wurde von meinen Tischnachbarn nicht schlecht bestaunt. Ich habe mein Essen genossen. Die Hälfte davon habe ich mir für zuhause einpacken lassen. Mein Mittagessen für Sonntag war gerettet.

Und da auf dem Taubenberg so unendlich viel los war, ich nicht zum Sinnieren kam, gab´s am nächsten Tag Leberkäs eben fernöstlich angerichtet. Ein Hauch von Japan im bayerischen Oberland.


Wie Leberkas und Aikido zusammenpassen
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Vorbereitungszeit 10 Minuten
Gesamt 10 Minuten
Portionen 1

Zutaten

  • ca. 150 g Leberkäs
  • 1 Tomate
  • 1 mittelgroße Kartoffel
  • 1 Bio-Ei
  • etwas Meerrettich (aus dem Glas)
  • Butter und Olivenöl
  • Salz und Pfeffer
  • 1 Portion Phantasie

Und so geht's

  1. Kartoffel waschen, nicht schälen und in gleich große Spalten schneiden ♦ etwas Olivenöl und Butter in der Pfanne erhitzen, Kartoffel darin von allen Seiten scharf anbraten, danach auf niedriger Flamme weitergaren lassen ♦ salzen und pfeffern
  2. Leberkäs in einer anderen Pfanne kurz von beiden Seiten anbraten, herausnehmen und in gleich große Streifen schneiden (ähnlich wie die Kartoffel) ♦ das Ei in die Pfanne schlagen, salzen und pfeffern, braten bis die gewünschte Festigkeit der Eidotter erreicht ist
  3. Tomate in große schmale Stücke schneiden
  4. Leberkäs, Kartoffel, Tomate und Spiegelei auf einem Teller anrichten (wer´s fernöstlich mag, nimmt einen eckigen Teller) ♦ mit ein paar Klecksen Meerrettich garnieren

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