Frühlingsanfang, Frühlingstag- und Nachtgleiche. Was heißt, Tag und Nacht sind gleich lang. Ab heute werden die Tage länger als die Nächte, bis der Höhepunkt davon mit der Sommersonnenwende Mitte Juni erreicht ist. Aber bis dahin geht noch Zeit ins Land. Zuvor können wir den Frühling genießen und beobachten wie sich die Pflanzen in aller Ruhe und mit unglaublicher Kraft die Welt zurückerobern. Überall sprießt es jetzt aus dem Boden. Manchmal noch zaghaft, aber dann auch wieder plötzlich und mit voller Energie.
Freitag schien die Sonne – den ganzen Tag. Samstag hat es geregnet – auch den ganzen Tag. Die Krokusse, die ich am Freitag in voller Pracht fotografiert habe, haben ihre Blüten-Türen geschlossen – nicht dass es womöglich noch rein regnet. Man musste schon genau hinsehen, um die Blüten noch im Rasen zu erkennen.
Und stürmisch war es am Samstag auch, so dass es mir die beiden Tujen auf dem Balkon mehrfach umgeweht hat. Aber der Regen hat auch vieles beschleunigt. Wo am Freitag Nachbars Forsythie nur Knospen andeutete, stehen sie heute sattgelb in voller Blüte.
Zwar wirkt die Welt teils schon noch etwas zerknautscht, aber die typischen Frühlingsblüher wie Buschwindröschen, Leberblümchen, Märzenbecher, Schneeglöckchen, Schlüsselblumen, Huflattich und Gänseblümchen strecken ihre Blüten in die Welt und locken die ersten Insekten an.
Auch der alte Mirabellenbaum vor dem Haus steht mit dicken Knospen kurz vor der Blüte. Drei, vier Tage noch, höchsten fünf. Dann sind sie offen. Hoffentlich kommen genug Bienen und Hummeln, um die Blüten zu bestäuben, denn nachdem am Haus im vergangenen Jahr zwei Spaliere – leider, leider – mit altem Wein und altem Efeu abgerissen wurden, hatten wir spürbar weniger Bienen, Hummeln, Wespen und Feldwespen am Haus.
Der wilde Wein blühte immer im Sommer und man konnte ein leises Ksss, Ksss, Ksss hören, wenn sich seine Blüten öffneten. Bienen und Hummeln tummelten sich im Wein, dass es die helle Freude war. Auch der Efeu blühte immer im September – Efeu muss mindestens 10 Jahre alt werden, bevor er das erste Mal blüht – und war spät im Sommer immer eine letzte gute Nahrungsquelle für Bienen. In der Luft lag ein leises Brummen und mein Kater Maxl hatte es immer sehr eilig am Spalier vorbei zu kommen. Nicht auszudenken, wenn sich eine Biene im dicken Fell verfangen hätte!
Es ist sehr schade, dass das Spalier abgerissen wurde. Eine Nahrungsquelle ist weg, aber auch Nistplätze für Vögel. In einem Teil des Spaliers hatte eine Amsel ihr Nest und auf dem Boden durch Spalier und Büsche geschützt, lebte ein dicker fetter Igel, der abends in der Dämmerung schnaufend und schnorchelnd über die Terrasse zog.
Es ist still geworden.
Was geblieben ist, sind Krokusse und der alte würdevolle und knorrige Mirabellenbaum, der jedes Jahr – so das Wetter entsprechend mitspielt – unverdrossen seine Blüten treibt.
Ich bin sehr gespannt, was sich im Frühling noch alles zeigen wird. Die Vögel sind ja schon mit Nestbau fertig und es dauert sicher nicht mehr lange, bis der Nachwuchs da ist und versorgt werden will.
Doch zurück zum Frühlingsanfang. Auch wenn es gerade immer noch recht bedeckt ist und die Sonne seit Samstag noch nicht wirklich zurück gekommen ist, so ist es doch warm und angenehm draußen. Aufbruch und Neubeginn sind spürbar. Manch einen verlangt es nach Frühjahrsputz, um die letzten Spuren des Winters zu beseitigen und Haus und Hof im neuen Glanz erstrahlen zu lassen.
In unserer Meditationsrunde haben wir uns auch mit der Wesenheit des Frühlings beschäftigt und gelauscht, was er uns vielleicht für dieses Jahr zu sagen hat.
Der Anfang gestaltete sich etwas schwierig, weil sich dauernd banale Tagesärgernisse vordrängten. Schließlich habe ich mich einfach auf meinen Garten konzentriert und gebeten, dass das Frühlingswesen doch bitte dort erscheinen möge.
Meine Aufmerksamkeit wurde sofort auf den Haselnussbaum an der Terrasse gelenkt. Dort saß ein wunderschön schillernder Star mit zitternden Flügeln und schmetterndem Gesang und in mir wiederholte sich dauernd eine Sequenz aus dem „Elias“-Oratorium, das wir im Chor gerade proben: „Dank sei Dir Gott …“ Ich war nur zu bereit, in diesem balzenden Vogel die Wesenheit des Frühlings 2017 zu erkennen, bekam aber eine Absage, sinngemäß: „Für so einen Schmarrn habe ich keine Zeit. Wenn ich mich (so wie Du) um all diese irrelevanten Nebensächlichkeiten kümmerte, würde ich meine tatsächliche Aufgabe aus den Augen verlieren!“
Das saß!
Betroffen schaute ich mich weiter im Garten um, will mich nun nicht mehr von meiner Aufgabe ablenken lassen, versuche einen neuen Anfang durch Visualisierung der „Farben kurz vor Sonnenaufgang“. Mein Blick wird nach Osten gelenkt. Puderfarben, pastell-rosa-orange. Ich sehe eine muntere Quelle im Steingarten entspringen. Ganz subtil legt sich über alles so etwas wie „der Hauch eines Bildes“, das mir bekannt vorkommt. Es ist „Gott“ (aus Michelangelos „Die Erschaffung Adams“). Er schwebt mit wehendem weißen Haar durch meinen Garten. „Dank sei Dir Gott, Du tränkest das durst’ge Land!“ tönt es in mir.
Alles, worauf sein Zeigefinger deutet, bekommt mehr Farbe, wird lebendiger. Ich wage keine Frage an Gott; zweifle, ob diese Erscheinung überhaupt zu interpretieren ist. Ich ertappe mich schon wieder dabei, mich in Banalem zu verlieren, höre dann ganz deutlich Gebrumm wie von Bienen. Das Summen lenkt meinen Blick zur Weigelie im Süden des Gartens. Eine jugendliche Gestalt mit einem Blumenkranz im blonden Haar steht dort und erinnert mich an Botticelli’s „Primavera“!
Wie schön! Der Frühling aus dem berühmten Bild hat sich persönlich herbemüht! Mit ihm sehe ich ein lindes Grün und spüre leichtfüßige Fröhlichkeit wie eine kraftvolle Welle über mich schwappen. „Dank sei Dir Gott… Du tränkest das durst’ge Land…“ Jutta
Ich sah ein Wesen, weiblich und männlich zugleich und mit engelhafter Ausstrahlung. Es oder er stand links von mir. Ich war auf dem Frauenbergl in Sufferloh und blickte zusammen mit dem Frühlingsengel über das weite Land hinweg. Der Wald, der heute im Hintergrund zu sehen ist, war während der Meditation nicht da. Nur weites, weites Land.
Noch wirkte alles etwas düster und wie erstarrt, fast wie zugedeckt. Obwohl keine Decke sichtbar war. Und dann von einer Sekunde zur anderen änderte sich das Bild. Es wurde heller, Grün spross überall hervor und gelbe Blumen. Ich hörte Vögel, vor allem Stare und ich hörte Bienen und Hummeln brummen. Die Welt um mich herum wandelte sich von Erstarrung in Bewegung. Überall war Bewegung. In der Erde, auf der Erde, in der Luft. Aufbruch, vibrierende Energie und Wärme.
Ich fragte den Frühlingsengel wie der Frühling werden würde. Und er antwortete: „Dieser Frühling wird sanft und ausgewogen. Sonne und Regen wechseln im richtigen Maß.“ Sabine