Marmelade – very British

Januar ist Orangengelee-Zeit. Mag ich sehr, diese feine Herbe. Doch in diesem Jahr wollte ich die Tradition zumindest unterbrechen und etwas anderes ausprobieren, nämlich typisch britische Orangenmarmelade oder wie die Briten sagen: Marmelade.

Marmelade darf sich dort nämlich nur nennen, was aus (Bitter-)Orangen hergestellt wird. Alles andere ist Jam. So zumindest hat es uns Miss Smith auf dem Gymnasium erklärt. Und sie musste es wissen, denn sie stammte aus Schottland und war für 2 Jahre unsere Englisch-Lehrerin. Englisch und Land und Leute hat sie uns auf nachhaltige Weise nahegebracht.

Ich kann mich noch gut daran erinnern wie sie uns alles rund um Britisches Frühstück und Tischmanieren beigebracht hat. Sie erschien eines Morgens zum Unterricht und hatte eine große und schwere Tasche dabei, in der es leicht und fein schepperte. Sie stellte einen extra Tisch in die Mitte des Klassenzimmers, kramte ein weißes Tischtuch aus der Tasche hervor und fing an, den Tisch zu decken – nach allen Regeln der Kunst, versteht sich.

Would you pass me the Marmelade, please? Thank you!

Sie hatte wirklich alles dabei, was auf einen Frühstückstisch gehört. Teekanne, Tassen, Untertassen, Teller, Messer, Gabel, Löffel, Milchkännchen, Zuckerdose etc. etc. Sogar eine Butterdose war dabei. Dann erklärte sie wie die einzelnen Utensilien auf Englisch heißen. Und danach haben wir „Frühstück“ gespielt mit allem Drum und Dran. Interessant wie lebendig diese Erinnerung ist und wie präsent selbst heute noch das entsprechende Vokabular ist. Aber letztlich wundert es mich nicht. Schließlich haben wir die Vokabeln und Redewendungen nicht nur gelernt, sondern auch gespielt. Und das ist hängen geblieben.

Ein Loblied auf Miss Smith! Wir waren damals alle recht traurig als ihre Unterrichtszeit in Deutschland zu Ende war und sie zurück nach Schottland ging. Denn sie war eine begnadete und ungewöhnliche Lehrerin. Ein wenig habe ich ihr wohl auch meine Liebe zu Great Britain zu verdanken und der Tatsache, dass ich später Englisch und Sprach- und Übersetzungswissenschaften studiert habe.

Orangen-Marmelade ist in Großbritannien nicht vom Frühstückstisch wegzudenken. Toast, eventuell noch ein gekochtes Ei oder ein Full Breakfast mit allem: sausages, bacon, mushrooms, baked beans, crumbled eggs, fried eggs, etc. – und immer mittendrin Marmelade.  Übrigens habe ich heute morgen auch so gefrühstückt. Nein, nein, kein Full Breakfast, aber die kleinere Variante mit Eiern im Glas. Was soll ich sagen? Köstlich und die beste Einstimmung für diesen Post.

Für Marmelade konnte ich mich während meiner Schulzeit noch nicht begeistern. Die war mir schlicht und einfach zu herb. Gesalzene Butter war auch so etwas Seltsames, was ich zum ersten Mal in Irland gegessen habe und was ich scheußlich fand. So viel Jam konnte das Brot gar nicht fassen, um den Salzgeschmack zu übertünchen. Unnötig zu sagen, dass ich heute auch gesalzene Butter mag. Doch zurück zur Orangenmarmelade.

Traditionsgemäß wird sie im Winter (Januar – Februar) hergestellt, da dann die Bitterorangen reif sind. Original Marmelade macht man nämlich aus Bitterorangen, die ein klein wenig an Mandarinen erinnern, lediglich ein wenig größer sind. In unserem gut sortierten Bio-Supermarkt in Holzkirchen habe ich Bitterorangen entdeckt und gleich 1 kg eingekauft. Eine habe ich zuhause gekostet: sehr herb, sehr bitter, voller Kerne, aber gut – und voller Saft.

Somit konnte das Projekt starten. Also habe ich mich in Literatur und Internet schlau gemacht, viele verschiedene Rezept-Varianten gefunden und mich schließlich für die puristische Form entschieden. Anfangen mit der Essenz sozusagen, variieren kann ich im nächsten Jahr, sollte ich dieses Unterfangen wiederholen. Erst einmal ein Gefühl dafür bekommen.

Marmelade ist übrigens nicht schwer herzustellen, wirklich nicht. Aber es braucht etwas Zeit. Und es ist ein wenig nervig.  Für die puristische Variante braucht man zum Glück nicht viel. Lediglich Bitterorangen, Zitronen, Wasser und Zucker.

Marmelade

Zutaten und was man sonst noch so braucht
Mulltuch und Küchengarn oder Teefilter
Gläser, Schraub- oder Weckgläser für ca. 2 l Marmelade

  • 1 kg Bitterorangen (bio und ungepritzt)
  • 1 Zitrone (bio und ungespritzt)
  • 1,8 l Wasser
  • 1,5 kg Rohrohrzucker (bio)
  • Mulltuch und Küchengarn

Und so geht´s – Vorbereiten
Orangen waschen, trocknen, halbieren und auspressen ♦ Orangenhälften mit einem scharfkantigen Löffel auskratzen, Kerne und Zwischenhäute in das Mulltuch geben, Tuch mit Küchengarn fest zubinden ♦ Zitrone auspressen und den Saft auffangen ♦ Orangenschalen in dünne Streifen schneiden

1,8 l Wasser in einen großen Topf geben, den Orangensaft hinzufügen, das Mullsäckchen hineinhängen und an einem der Topfgriffe festmachen ♦ Zitronenensaft hinzufügen ♦ Orangenschalenstreifen in den Topf geben ♦ alles zusammen kurz aufkochen und danach ca. 1 1/2 Stunden sanft weiter köcheln lassen, bis die Orangenschalen weich gekocht sind und sich der Marmeladenansatz deutlich reduziert hat ♦ zwischendurch immer wieder umrühren, damit nichts ansetzt

Und so geht´s weiter – Marmelade einkochen
Mullsäckchen aus dem Topf nehmen, abkühlen lassen und dann kräftig ausdrücken, damit das Pektin nicht verloren geht ♦ Inhalt des Säckchens in den Biomüll geben ♦ in den Marmeladenansatz nach und nach den Zucker geben, immer wieder umrühren bis der Zucker sich aufgelöst hat ♦ Kochhitze herauf schalten ♦ Kochgut aufwallen lassen und sprudelnd 10 bis 15 Minuten kochen lassen, dazwischen immer wieder umrrühen

Topf vom Herd ziehen, Gelierprobe machen ♦ wenn Kochgut geliert, Marmelade ca. 15 Minuten ruhen lassen, sonst noch einmal aufkochen und Gelierprobe wiederholen ♦ Marmelade in vorbereitete Gläser füllen, falls Schraubgläser verwendet werden, diese fest verschließen und ca. 5 Minuten auf den Kopf stellen ♦ bei der Verwendung von Weckgläsern, diese mit Gummiring und Klammern fest verschließen, in einen großen Topf stellen, mit heißem Wasser auffüllen und bei 90 °C 30 min Einkochen ♦ Fertig!

Gut zu wissen
Das Zubereiten der Marmelade ist einfach, allerdings auch zeitaufwändig. Was mich ehrlich gesagt zwischendurch am Unterfangen zweifeln lies …

Das Vorbereiten der Orangenschalen hat mehr als 1 Stunde gedauert. Die Orangenhälften lassen sich übrigens gut mit einem scharfkantigen Löffel auskratzen. Und so ganz genau muss man es dabei auch nicht nehmen, da das Weiße der Schale für die Marmelade nicht entfernt werden muss. Die Zwischenhäute und Kerne allerdings schon. Wirklich langwierig (und nervig) war das Aufschneiden der Orangenschalen in feine Streifen.

Ich muss zugeben, ich habe auf der halben Strecke erst einmal schlapp gemacht, nachdem alles im Topf war und die Schalen weich gekocht waren. Die vorbereitete Marmelade habe ich erst am nächsten Tag eingekocht, was ich übrigens wieder so machen würde, da sich das Aroma der Orangenschalen so richtig schön entfalten konnte.

Vor dem Einkochen habe ich die Marmelade kurz abgeschmeckt und den Saft einer weiteren Zitrone hinzugefügt. Dadurch ist ein schöner Kontrast entstanden. Andernfalls wäre es mir wohl doch zu langweilig süß geworden.

Ja und dann die Sache mit dem Mullsäckchen. So was hatte ich natürlich nicht im Haus. Habe daher Teefilter aus Papier genommen und diese mit Küchengarn zugebunden. Das ging einwandfrei. Den Kochprozess haben die Teefilter gut überstanden. Für das Ausdrücken habe ich vorsichtshalber ein feines Sieb zu Hilfe genommen, was sich als sinnvoll herausstellte, da die Beutel zerrissen sind. Beim nächsten Mal werde ich auf jeden Fall Mullstoff verwenden. Der verkraftet mehr.

Und sonst? Die Marmelade schmeckt hervorragend. Der Geschmack rechtfertigt den Aufwand. Pläne für die kommende Saison habe ich auch schon. Und ich denke auch bereits über weitere Verwendungsmöglichkeiten nach. Im Kuchen zum Beispiel,  als Beigabe zum Dessert oder zu Scones zum Tee.

→ Orangensonne

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