Herbst-Impressionen oder „Von der Schönheit des Verfalls“

Die Herbsttag- und Nachgleiche ist vorbei und es ist schon wieder früher dunkel. Um 19.00 Uhr spätestens gehen im Dorf die Straßenlampen an. Der Sommer ist wie im Flug vergangen, war ereignisreich und anstrengend. Und doch habe ich ihn irgendwie nicht so recht erlebt. Nein, erlebt ist das falsche Wort. Ich habe ihn nicht wirklich wahrgenommen. Hatte keine Zeit für Sommer.

Was ist denn das für ein Satz? Hatte keine Zeit für Sommer. Oder sollte es richtiger heißen, hatte keinen Sinn für Sommer? Dabei habe ich viele interessante und schöne Dinge erlebt. Und das Wetter war auch durchaus sommerlich. Also kein Grund zum Klagen. Dennoch ist der Sommer in diesem Jahr fast unbemerkt an mir vorbei gezogen.

Und nun haben wir Herbst. Das ist definitiv nicht zu leugnen. Die Sonne scheint, die Blätter sind in vielen Abstufungen bunt verfärbt und der Begriff „goldener Oktober“ ist mit Leben erfüllt. Letztlich war ich wieder mit dem Rad unterwegs und konnte den Wandel von Frühherbst zu Herbst überall wahrnehmen.

Kastanien platzen auf und fallen braun-glänzend zu Boden. Sie fühlen sich gut an – wie echte Handschmeichler. An den Kastanienbäumen sind schon die Blütenansätze für das kommende Jahr zu sehen. Noch zeigt sich viel Grün im Laub, aber überall sind bereits braune Herbstspuren zu sehen. Jeden Tag ein wenig anders, jeden Tag ein wenig mehr. Jeden Tag eine neue Welt.

Blütenansatz für das kommende Jahr

Auch Bienen sind fleißig unterwegs, um ihre Futterspeicher vor dem Winter aufzufüllen. Meine Herbstastern auf dem Balkon sind jetzt sehr gefragt. Im September waren auch viele Wespen auf der Suche nach Futter da – zugegebenermaßen ein wenig lästig, besonders wenn ich einfach nur sinnierend dasitzen und ein Glas Wein oder ein Stück Kuchen genießen wollte. Wollten sie auch und so habe ich eine Ecke des Balkons für sie reserviert. Dort lege ich immer einen Apfel oder anderes Obst bereit und sobald es sich rumgesprochen hat beim Wespenvolk, ist der der Apfel ratzfatz weg. Die Wespen freuen sich und ich mich auch, denn auf meinen Wein legen sie jetzt keinen Wert mehr.

Hungrige Wespen bei der Arbeit
Die nicht mehr ganz so taufrischen Nektarienen waren in nur einem Tag von den Wespen entsorgt

Letztlich – ich glaube, es war an meinem letzten Urlaubstag – habe ich auch meinen Balkon „herbsttauglich“ gemacht. Aufgeräumt, umdekoriert, Pflanzen zurückgeschnitten und abgestorbene entsorgt. Ich war mit meinem Werk sehr zufrieden. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Blüte einer Begonie auf ein Stück Rinde gefallen und mit ihr auf wunderbare Weise verschmolzen ist.

Diese verblühte Blüte, die runterfiel und auf einem Stück Rinde landete – einfach so. Decay kam mir da in den Sinn. Dieser graduelle Verfall hat etwas Erhabenes, eine ganz eigene Schönheit. Es ist wirklich Schönheit im Übergang. Die Schönheit des Sommers ist noch da, hat jedoch deutlich ihren Rückzug angetreten.

Decay – Begonienblüte auf Rinde

 

Unserer Meditation zur Herbsttag- und Nachtgleiche sind wir diesmal etwas verspätet nachgekommen, d. h. der Herbstanfang war längst vorbei und so haben wir uns auf das Thema Wandlung geeinigt. Denn nie und zu keiner Zeit ist das Werden, Wandeln und Vergehen so deutlich wie im Herbst.

In meiner Meditation tauchten sehr viele Wandlungsbilder auf: jung auf alt, Puppe – Schmetterling, Tag zur Nacht, viele Bilder, die mit Wandlung zu tun haben. Sie alle waren schön und stimmig.

Das Wesen der Veränderung ist von einer Form in eine andere, von einer Stimmung in eine andere zu kommen. Für mich bedeutet das, Veränderung als Chance zu nutzen, die mein Leben bereichert und eine bunte Vielfalt herein bringt. Und dem nicht im Wege zu stehen!

Hat sich gut angefühlt. War ein wenig aufgewühlt, aber froh und heiter unterwegs. Alles war schön und am Schluss die größte Veränderung, der Tod. Die letzte Phase. Stimmig, nicht bedrohlich. Ist so. Ganz klar und ohne Panik oder Ängste. Wie das Erreichen eines neuen Levels, das Übertragen der Lebensenergie in eine andere Form.

Die Farben von hellgelb-orange und vital wirkend bis hin zur blauen Stunde am Abend. Meine Meditation war tief und ich fühle mich erfrischt. Klaus

 

Von der Wandlung. Von Anfang an war da ein Auf und Ab spürbar. Zunächst mein eigener Atem, der die Wandlung, das Werden und Vergehen an sich perfekt zeigt. Ein und Aus, Auf und Ab. Stetig. Danach fühlte es sich an wie auf einem Schiff, dass auf bewegter See unterwegs ist. Auf und Ab, Wellental und Wellenberg. Es fühlt sich ewig und archaisch an und hat in meinem Atemrhythmus seine Entsprechung.

Als ich den Blick hebe, sehe ich überall dieses Auf und Ab: auf der Erde, im Weltall. Jedes hat dieses Auf und Ab. Die ganze Welt ist davon gezeichnet und durchzogen. Überall sind Auf und Ab-Schlieren zu sehen. Wie Zeichnungen in grauer Farbe. Alles hat sein eigenes Auf und sein eigenes Ab. Der Rhythmus der Kurven ist unterschiedlich. Zufälle entstehen, wenn die Kurven sich berühren oder sich an irgendeinem Punkt kreuzen.

Fortlaufende Bewegung. Alles ist richtig. Sabine

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